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Das erste Elternjahr – Turbulenzen zu dritt

Fast alle frischgebackenen Eltern werden bestätigen, wie großartig und erfüllend es ist, ein Baby zu haben. Erstaunlicherweise geben die wenigsten zu, wie anstrengend, kräftezehrend und schwer das neugewonnene Leben zu dritt ist. Dabei sind Startschwierigkeiten, Ängste, Verzweiflung, ja sogar Wut bestimmt keine Ausnahmeerscheinung, sondern gehören tatsächlich dazu. Schließlich fallen gute Eltern nicht einfach so vom Himmel.

Irgendwie hab ich mir das anders vorgestellt

Jeder trägt bestimmte Idealbilder in sich – wie sollte ein Vater, eine Mutter, ein Kind perfekterweise sein? Die Erkenntnis, selbst von dieser Wunschvorstellung meilenweit entfernt zu sein, ist schmerzhaft, zudem die neue Familiensituation ja nicht mehr zu ändern ist. Viele Mütter denken, dass sie von nun an 24 Stunden am Tag für ihr Kind da sein müssen, um dessen Ansprüchen gerecht zu werden, dabei braucht dies kein Kind der Welt. Postnatale Depressionen sind keine Seltenheit und sollten keinesfalls still „weggelitten“ werden. Auch junge Väter sind schnell überfordert, wenn die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit immer größer klafft und sich so gar keine rosarote Familienidylle einstellen will. Warum nur funktionieren die vorher so klug überlegten Strategien jetzt nicht? Das Leben mit einem Baby ist keine Rechenaufgabe, der man mit Logik beikommen kann. Im Wesentlichen geht es zunächst darum, das neue Leben einfach an- und als Aufgabe ernst zu nehmen. Egal ob das Kind krank wird, Mama nur noch heult oder Papa am liebsten auf dem Balkon schlafen will – in der gemeinsamen Bewältigung liegt die Herausforderung.

Hilfe, ich habe eine Familie – holt mich hier raus!

Elternsein muss geübt werden, und nur wenn sich die Großen mal eine Pause vom Dauerprojekt „Baby“ gönnen, haben sie genug Kraft dafür. Dabei ist jede Hilfe von außen höchst willkommen. Familienangehörige können Runden mit dem Kinderwagen drehen, während die Eltern ausgiebig baden, in Ruhe essen oder einfach nur schlafen. „Leidensgenossen“ aus Still-, PEKIP- oder Krabbelgruppen vermitteln das Gefühl, nicht allein zu sein und haben vielleicht manchen Tipp. Auch Hebammen und Kinderärzte sind wichtige Ansprechpartner, denen gegenüber man aus einer eventuell empfundenen Überforderung keinesfalls einen Hehl machen sollte. Wer meint, die Situation nicht allein meistern zu können, findet oft auch in sogenannten Elternschulen, Schrei-Ambulanzen oder in Entbindungskliniken Hilfe, denn dort gibt es Vorträge und Workshops für junge Eltern. Es ist absolut nicht ehrenrührig oder ein Zeichen von Schwäche, solche Angebote wahrzunehmen. Die wichtigste Basis für die Bewältigung anfänglicher Probleme ist das Paar an sich. Offene Gespräche und der Mut, zu sagen: „Ich kann nicht mehr, ich schaff das nicht!“ sind hier viel hilfreicher als Schuldzuweisungen und Vorwürfe.

Eltern mit Baby

Eltern mit Baby @iStockphoto/JacquelineSouthby

Kinder sind ein großes Glück

Natürlich müssen sich anfangs alle erst einmal aneinander gewöhnen, und dies geht weder schnell noch ist es einfach. Die Anwesenheit eines Babys bedeutet jedoch nicht ausschließlich Entbehrung, Kraftlosigkeit und partnerschaftliche Krisen. Es sind Grenzwerterfahrungen, Premieren, die man sich so nie vorstellen konnte und wollte. Dennoch erlebt man täglich das Wunder, einem neuen Menschen beim Wachsen und Werden zuzusehen. Das erste Lächeln entschädigt für alle schlaflosen Nächte, der Stolz über jeden Entwicklungsschritt lässt knappe Romantik vergessen. Die bedingungslose Liebe und das Vertrauen eines Kindes sind alle Strapazen wert, und nach dem ersten Jahr lässt sich mit Fug und Recht behaupten: „Wir haben viel geschafft!“<

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