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Wie funktioniert Gesichtsgymnastik gegen Falten?

Schönheit und Jugend werden meistens in einen Topf geworfen. Bedeutet das, dass ein älterer Mensch grundsätzlich nicht schön sein kann? Sicher nicht. Fakt ist, dass unsere Haut mit den Jahren an Elastizität verliert, was sich durch Falten insbesondere am Hals und im Gesicht bemerkbar macht. Genau dagegen möchten viele Menschen Maßnahmen ergreifen und in der Folge hat sich ein boomender Wirtschaftszweig entwickelt, der den Menschen viele unterschiedliche (mehr oder weniger wirksame) Produkte für die Verlangsamung des Alterns der Haut anpreist.

Eine recht bekannte und heute auch oft angewendete Methode besteht im Lahmlegen von Gesichtsmuskeln, das Mittel dazu heißt Botox. Dabei ist es gar nicht nötig, derartige Geschütze aufzufahren, um unserem Gesicht seine jugendliche Strahlkraft lange zu erhalten, denn genau das erreichen wir mit einfachen Übungen der Gesichtsgymnastik, die unsere Gesichtsmuskeln so auf Trab bringen, dass die Faltenbildung gar keine Chance hat.

Für die vielfältigen Bewegungen in unserem Gesicht und des Nackens sorgen mehr als 50 einzelne Muskeln, 20 davon sind für unser Mienenspiel zuständig, aber nur bei sehr wenigen Menschen kommen alle diese Muskeln häufig zum Einsatz mit der Folge, dass ganze Muskelgruppen der Verkümmerung anheimfallen. Andere Muskeln wieder spannen wir ständig an, weil uns zum Beispiel die Sonne blendet oder unsere täglichen Sorgen die Stirn in Falten legen. Die nachlassende Elastizität der Haut wirkt sich dann dahin gehend aus, dass sie nach der Muskelanspannung nicht mehr in die ursprüngliche, neutrale Lage zurückfindet, sondern hier dauerhaft eine Falte ausbildet.

Ein Training beziehungsweise eine Gymnastik für Gesichtsmuskeln führt im Ergebnis zu einer rosigeren und strafferen Haut mit deutlich weniger Falten. Allerdings ist die Wirksamkeit der Gesichtsgymnastik unter Experten durchaus umstritten. Die Argumente der aktuellen Diskussion sollen hier etwas näher beleuchtet werden.

Gesichtsgymnastik als Streitpunkt

In den USA haben Beauty-Experten unter der Bezeichnung „Yotox“ schon längst das sogenannte Gesichtsyoga für sich in Anspruch genommen. Darüber hinaus werden Gesichtsmassagen zur Entspannung der Mimik angeboten. Dennoch gibt es auch viele Gegenspieler, die nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass es wissenschaftlich belegbare Studien über eine positive Wirkung der Gesichtsgymnastik noch nicht gibt.

Falten

Falten ©iStockphoto/ValuaVitaly

Einer davon ist der Hautarzt Dr. Klaus Hoffmann. Er leitet die Abteilung ästhetisch-operative Medizin am Universitätsklinikum Bochum und hält Gesichtsgymnastik ganz und gar nicht für zielführend. Auch ihm sind keine seriösen Studien bekannt, die es belegen, dass derartige Übungen der Gesichtsgymnastik die Ausbildung von Falten verringern oder gar verhindern würden. Das Gegenteil sei seiner Meinung nach der Fall: Eine vermehrte Aktivität der Gesichtsmuskeln kann die Haut sogar noch mehr zerfurchen. Die Zornesfalte, Krähenfüße, die horizontalen Stirnfalten und Lippenfältchen seien ja gerade eine Folge vermehrter Grimassen durch Muskelbewegungen. Daher werden sie auch als mimische Falten bezeichnet. Aus diesen Erkenntnissen heraus sei überhaupt der Erfolg von Botox zu erklären.

Wo liegt wirklich die Wahrheit?

Um der Antwort auf diese Frage näherzukommen, müssen wir verstehen, dass es ganz unterschiedliche Arten von Falten gibt. Hören wir dazu die Argumente der Oberärztin Dr. Eva Juchems. Sie leitet die Ästhetische Dermatologie der Universitätsmedizin Mainz. Darin, dass Gesichtsmassagen und gymnastische Übungen bei Stirnfalten nur wenig hilfreich sind, gibt sie ihrem Kollegen Hoffmann recht. Allerdings gäbe es auch Falten, die durch die immerwährende Schwerkraft verursacht werden, in diesen Fällen sei die Ausgangssituation eine andere.

Die im Alter nachlassende Gewebefestigkeit führt zum Doppelkinn, zu Hängebäckchen, auch zu Halsfalten und diesem Phänomen können wir in der Tat mit ein paar Übungen entgegensteuern. Auch an den Ringmuskeln um Mund und Augen können wir mit gezielten Bewegungen und Gesichtsmassagen den kleinen Knitterfältchen vorbeugen. Botox steht dagegen bei den Mainzer Medizinern nicht so weit oben auf der Prioritätenliste.

Viel Volumen unter der Haut verhindert Falten

Was ganz allgemein richtig ist, gilt natürlich auch für die Haut im Gesicht oder am Hals. Aktive Bewegungen straffen immer die Muskulatur, verbessern die Durchblutung, die Sauerstoffversorgung der Zellen und deren Nährstoffversorgung sowie den Abtransport von Schadstoffen. Falten entstehen auch durch den Verlust von Weichteilmasse, die sich unmittelbar unter der Haut befindet und dazu gehören auch Muskeln. Das bedeutet: Die Erhaltung beziehungsweise Stärkung des Muskelgewebes strafft ganz eindeutig die Haut. Ein gutes Beispiel dafür ist ein starker Kaumuskel. Über dieser Gesichtspartie gibt es auch bei älteren Menschen keine Falten.

Auch Hoffmann weiß, dass der Verlust von Weichteilmasse ursächlich für die Faltenbildung sein kann. Hinzu kommt noch die altersbedingte Verkleinerung des Kieferknochens. Den hieraus resultierenden Volumenverlust gleicht Hoffmann häufig mit unterspritzten Füllstoffen wie Hyaluronsäure aus, in der Medizin spricht man hierbei von Dermalfillern.

Argumenten für das Gesichtstraining

Es ist wirklich interessant, dass Männer, die sich oft rasieren, zuweilen eine deutlich glattere Gesichtshaut als Frauen haben. Beim Rasieren muss die Haut an mehreren Stellen bewusst zur Glättung angespannt werden. Diese Prozedur kann als eine Art „Work-out“ um den Mundbereich angesehen werden. Schauspieler verdienen ihr Geld sozusagen mit ihrer intensiven Mimik und vollführen zu diesem Zweck regelmäßig Gesichtsgymnastik, wobei die Sänger insbesondere den Mundbereich trainieren (müssen). Auch Logopäden arbeiten gezielt mit der Gesichtsmuskulatur ihrer Patienten. Im Falle einer Fazialislähmung (Gesichtslähmung) wird die Gesichtsgymnastik gezielt zur Rehabilitation eingesetzt.

Die Wahrheit liegt oft in der Mitte

Das aktuelle Fehlen von wissenschaftlich beweisenden Studien bedeutet ja nicht, dass Gesichtsgymnastik prinzipiell nicht zur Faltenreduktion beitragen kann. Es ist daher völlig legitim, eine eigene Meinung zum Thema zu haben und auch daran zu glauben. Wer sich konkret damit beschäftigen möchte, findet eine ganze Reihe interessanter Übungen zur Gesichtsgymnastik auf Youtube oder in entsprechenden Büchern. Es gibt aber auch viele gut versierte Experten auf diesem Gebiet, die den Sitz und Verlauf der einzelnen Muskelgruppen im Bereich von Hals und Gesicht gut kennen. Sie sind dann in der Lage, mit Blick auf die individuellen Gesichtsfalten einen Plan mit optimalen Übungen der Gesichtsgymnastik zusammenzustellen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir gerade beim Training der Haut am Hals einiges fatal falsch machen können. Um hier die schlafenden Muskeln mit dem richtig ausgeführten „Schildkrötenhals“ zu aktivieren, brauchen wir in der Tat eine gute Anleitung.

Der Muskel direkt unter der Halshaut heißt Platysma. Durch seine gezielte, regelmäßige Anspannung lässt sich der Bereich unter dem Kinn sichtbar straffen. Dennoch arbeitet die Gesichtsgymnastik bereits vorhandene Mimikfalten oder Lachfalten um die Augen eher noch weiter heraus. Diese Fragen sollten im Einzelnen im Vorfeld mit einem Experten besprochen werden, um Enttäuschungen zu vermeiden.

Einfache Gesichtsgymnastik für den Alltag

Eine einfache und dennoch effektive Übung, die man zwischendurch überall machen kann (beim Autofahren, beim Kochen, beim Fernsehen oder im Büro), ist das imaginäre Aufblasen eines Luftballons. Dieses kurze Gesichtstraining lässt sich leicht täglich irgendwo und irgendwann durchführen. Im Zuge der Anregung der Durchblutung werden übrigens auch so wichtige Bausteine wie Elastin oder Kollagen vermehrt synthetisiert. Im Vorfeld aller Übungen sollten aber die folgenden kleinen Tipps berücksichtigt werden:

– Auch der „Gesichtssport“ erfordert eine Aufwärmungsphase, die beispielsweise darin bestehen kann, von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen.
– Nach dem Aufwärmen soll eine kurze Entspannung erfolgen, während derer man sich vor allem auf seine regelmäßige und tiefe ruhige Atmung konzentrieren soll.
– Durch mehrfaches sanftes Klopfen mit den Fingerkuppen gegen den Hals, auf das Gesicht und den Hinterkopf wird die Förderung der Durchblutung eingeleitet.

Übungen zur Straffung der Mundpartie

Ein oder zwei Finger werden zwischen die Lippen gelegt, um diese dann fest darauf zusammenzupressen. Die Anspannung kann sechs bis zehn Sekunden gehalten werden. Danach erfolgen die Entspannung und Lockerung. Diese Übung darf bis zu sechsmal wiederholt werden.

Um die Oberlippenfältchen nachhaltig zu glätten, wird die Oberlippe weit über die in den Mundraum eingestülpte Unterlippe geschoben. Auch diese Anspannung sollte mindestens zwei Sekunden ausgehalten werden, um danach die Entspannungsphase einzuleiten. Mehrere Wiederholungen sind möglich.

Übung zur Straffung der Stirn

Die Zeigefinger werden dazu leicht über den Augenbrauen aufgelegt, um dann die Stirnhaut mit etwas Andruck nach unten zu ziehen. Gleichzeitig arbeiten die Stirnmuskeln aber in die entgegengesetzte Richtung nach oben. Diese Spannung sollte höchstens zehn Sekunden gehalten werden. Die Entspannung besteht dann darin, die Stirn ausgehend von der Mitte mit allen Fingern sanft auszustreichen. Hierfür werden bis zu sechs Wiederholungen empfohlen.

Schönere Augenpartien

Daumen und Zeigefinger imitieren eine Brille um die Augen. Dabei befinden sich die Zeigefinger unter den Brauen und die Daumen in etwa auf Jochbeinhöhe. Diese „Brille“ zieht nun die Haut mit sich, indem sie die Gesichtshaut an dieser Stelle streckt und wieder staucht beziehungsweise insgesamt nach oben und unten verschiebt. Im nächsten Schritt werden die Augen (ohne Brille) weit aufgerissen und gleichzeitig mehrmals geblinzelt. Dieser Ablauf darf ebenfalls bis zu sechsmal wiederholt werden.

Übungen für glatte Wangen

Die Wangenpartien werden mit den Fingerspitzen etwas fixiert. Dann wird der Unterkiefer bei leicht geöffnetem Mund ein wenig nach vorne verschoben. Wenn die Anspannung der Muskeln deutlich spürbar wird, die Entspannungsphase einleiten.

Bei geschlossenem Mund die Wangen wechselseitig aufblasen und dann wieder erschlaffen lassen, den Wechsel dabei nicht zu schnell ausführen, sondern den Druck jeweils etwas aushalten.

Dem Doppelkinn zu Leibe rücken

Bei aufrechtem Sitzen wird eine Faust unter das hoch gehaltene Kinn angesetzt. Im nächsten Moment wird der Unterkiefer geöffnet und dabei das Kinn gegen die Faust gedrückt. Die Spannung darf bis zu zehn Sekunden gehalten werden, um danach den Kopf wieder zu senken und die Muskulatur zu lockern und zu entspannen. Auch diese Übung darf sechsmal wiederholt werden.

Übungen für einen schöneren Hals

Für die Schönheit des Halsbereiches ist in erster Linie die Kopfhaltung voll verantwortlich. Wir sitzen mit leicht zurück gezogenen Schultern aufrecht auf einem Stuhl. Wenn nun der Hinterkopf etwas nach oben beziehungsweise nach vorne gedrückt wird, erfolgt eine leichte Dehnung der Halswirbelsäule. Diese Anspannung darf so bei normaler Atmung bis zu zehn Sekunden gehalten werden. Wieder bis sechs Wiederholungen.

Für einen wirklich sichtbaren Erfolg ist bei diesen Übungen ein täglicher Zeitaufwand von circa zehn Minuten erforderlich. Um Enttäuschungen vorzubeugen, möchten wir an dieser Stelle betonen, dass man von der Gesichtsgymnastik nicht zuviel erwarten sollte. Bereits ausgeprägte Zornesfalten oder Krähenfüße wird man damit nicht mehr beseitigen können, wohl aber ihrer weiteren Vertiefung Einhalt gebieten.

Noch ein abschließender Hinweis:

Zu mindest zu 60 Prozent wird unser Aussehen von den Genen bestimmt. Daher liegt der Blick in unsere Zukunft in der genaueren Betrachtung unserer Eltern. Wenn Mutter nur wenig Falten oder Vater dichtes Haar hat, spricht viel dafür, dass man selbst auch mit diesen Attributen ausgestattet ist. Bei Eltern, die relativ früh und deutlich Alterungsprozesse zeigen, bleibt uns der Trost, dass wir auf die restlichen 40 Prozent selbst aktiv Einfluss nehmen können. Mit viel Sport, gesunder Ernährung, dazu gehört auch der Verzicht auf Zigaretten und Alkohol, können wir unser jugendliches Aussehen lange genießen. Wenn dann doch die ersten Fältchen unsere Lebenserfahrungen nach außen abbilden, erscheinen wir deshalb für andere Menschen nicht gleich unattraktiv.

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