Rückenschmerzen – Ursachen, Vorbeugung und Theraphie
Kreuzschmerzen, Hexenschuss, Lendenübel, Speer, Ischias – im deutschen Volksmund kennt man viele Bezeichnungen für Rückenschmerzen. Kein Wunder: Mittlerweile gelten sie als regelrechte Volkskrankheit und sind statistisch betrachtet der zweithäufigste Grund für Arztbesuche. Besonders gemein dabei: Rückenschmerzen treten in einem Großteil der Fälle chronisch auf – sie kommen also immer wieder, wenn die Ursache dafür nicht identifiziert und eliminiert wird.
In den meisten Fällen schenken wir unserer Wirbelsäule keine Beachtung: Sie ist eben da, hält uns aufrecht und wir bemerken sie erst, wenn wir ihr Schaden zugefügt haben oder sich eine andere Krankheit auf sie auswirkt. Dann schimpfen wir auf das „Kreuz mit dem Kreuz“ statt im Vorfeld daran zu denken, dass unser aller Rückgrat sogar relativ empfindlich ist und Pflege verdient.
In den nächsten Abschnitten erfahren Sie daher etwas mehr über das Phänomen Rückenschmerzen, Sie lernen mehr über mögliche Ursachen, vor allem aber über Heilungsmöglichkeiten und Vorsorge. Damit Bandscheibenvorfall, Hexenschuss & Co so schnell keine Chance bei Ihnen haben.
Ursachen von Rückenschmerzen
Angesichts der Vielfalt an Rückenschmerzen ist es schwierig, immer genau eine Ursache für den Schmerz auszumachen: Häufig ist eine Kombination verschiedenster Ursachen verantwortlich dafür, dass wir uns vor Schmerzen kaum mehr bewegen können. Der Einfachheit halber teilt man die Ursachen für Rückenschmerzen in unterschiedliche Kategorien wie orthopädische, organische, verhaltensbedingte oder psychische bzw. psychosomatische Ursachen.
Wussten Sie schon?
Erhebungen zufolge sind 90 Prozent aller chronischen Rückenschmerzen unspezifisch, können also nicht eindeutig einer Ursache zugeordnet werden.
Orthopädische Ursachen
Zu den häufigsten orthopädischen Ursachen für Rückenschmerzen zählen Funktionsstörungen im Bereich der Gelenke. Dazu gehören Erkrankungen wie etwa Wirbelbrüche oder Bandscheibenvorfälle, aber auch Entzündungen an den Wirbeln, Tumore, ein zu enger Wirbelkanal oder einfach Abnutzungserscheinungen oder unterschiedlich lange Beine, die eine Fehlhaltung hervorrufen. Aber auch Krankheiten wie Osteoporose (Knochenschwund) oder Osteochondrose (degenerative Verschleißerkrankung der Wirbelsäule) können der Grund für heftige Rückenschmerzen sein.
Organische Ursachen für Rückenschmerzen
Womit viele Betroffene nicht rechnen: Auch organische bzw. internistische Ursachen können ein Grund für Rückenschmerzen sein. Zu dieser Gruppe zählt man beispielsweise Stoffwechselveränderungen oder Vergiftungen bzw. der Entzug von Alkohol oder Opiaten. Auch Gefäßerkrankungen, eine koronale Herzkrankheit oder Gürtelrose, Gallenkoliken und Erkrankungen der Nieren, der Lunge oder der Bauspeicheldrüse können Rückenschmerzen verursachen.
Wussten Sie schon?
Auch gynäkologische Erkrankungen können auf den Rücken ausstrahlen.
Verhaltensbedingte Ursachen für Rückenschmerzen
Vor allem Rückenschmerzen, die akut auftreten, haben verhaltensbedingte Ursachen. Die Betroffenen sitzen zu lange und zu häufig, sie belasten sich und/oder ihren Rücken einseitig usw. Die Folge: Dem Rücken wird kaum eine Pause gegönnt, er kann sich nur schlecht erholen und reagiert nach gewisser Zeit mit Schmerzen. Im Prinzip rühren die Schmerzen eher von Muskelverspannungen aufgrund dieses Verhaltens her. Tritt eine Fehlhaltung aber über Jahre hinweg auf, können auch zum Teil schwerwiegende Abnutzungserscheinungen an den Wirbeln die Folge sein.
Psychische bzw. psychosomatische Ursachen für Rückenschmerzen
Sicherlich kennt jeder Redewendungen wie „das Problem schultern“, die Wirbelsäule steht in engem Zusammenhang mit unserer Psyche. Geht es uns gut, gehen wir aufrecht und sitzen entspannt – geht es uns schlecht, zeigt sich das ebenfalls in unserer Haltung. Schmerzzustände, für die keine organische Erklärung gefunden werden kann, können beispielsweise in Zusammenhang mit einer Depression auftreten. Hier geraten Patienten nicht selten in einen Teufelskreis: Sie erleben irgendwann Schmerzen, die Ursache kann nicht gefunden werden, sie fallen tiefer in die Depression, was den Schmerz verstärkt usw. Dieser Effekt wird auch als Schmerzspirale bezeichnet. Unterbrochen werden kann diese Entwicklung mittels einer Psychotherapie, die tatsächlich ohne weitere Therapiemittel zu Schmerzlinderung und Verbesserung der Beweglichkeit führen kann.
Arten von Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind derart vielfältig und auf so viele Ursachen zurückzuführen, dass es fast unmöglich erscheint, alle Arten aufzuführen. Hilfreich ist da die Klassifikation nach ICD-10: Damit ist die Internationale Klassifikation der Krankheiten (Version 10) gemeint, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben wird. Entsprechend dieser Klassifikation unterteilt man Rückenschmerzen in die folgenden neun Gruppen: Pannikulitis in der Nacken- und Rückenregion (M54.0), Radikulopathie (M54.1), Zervikalneuralgie (M54.2), Ischialgie (M54.3), Lumboischialgie (M54.4), Kreuzschmerz (M54.5), Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (M54.6), Sonstige Rückenschmerzen (M54.8) und nicht näher bezeichnete Rückenschmerzen (M54.9).
Da die Vorstellung all dieser Gruppen diesen Rahmen deutlich sprengen würde, unterscheiden wir Rückenschmerzen hier noch etwas allgemeiner: Nach Dorsalgie und Lumbalgie/Lumbago. Was darunter zu verstehen ist, wie sich diese Arten von Krankheiten äußern und welche Therapieformen bei der Genesung unterstützen, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Dorsalgie
Die Bezeichnung Dorsalgie ist ein Sammelbegriff gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen bezeichnet die Dorsalgie Rückenschmerzen im Allgemeinen, zum anderen wird der Begriff aber auch verwendet, um Schmerzen der Brustwirbelsäule zu benennen. In Abgrenzung zur Lumbalgie soll Dorsalgie hier aber die allgemeinen Rückenschmerzen, die sich nicht nur auf den unteren Rückenbereich beschränken, bezeichnen.
Orientiert man sich an der Klassifikation nach ICD-10 umfasst Dorsalgie die Rückenschmerz-Arten Pannikulitis, Radikulopathie, Zervikalneuralgie, Kreuzschmerz, Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule, sonstige Rückenschmerzen und nicht näher bezeichnete Rückenschmerzen.
Rückenschmerz, der unter das Stichwort Dorsalgie fällt, kann auf unterschiedlichste Weise zutage treten: In Form von stechenden und drückenden, akuten und chronischen Schmerzen, zum Beispiel. Generell unterscheidet man sie in zwei Gruppen: Rückenschmerzen mit Beteiligung der Nervenwurzeln (auch: radikulärer Rückenschmerz) und Schmerzen ohne Beteiligung der Nervenwurzeln, pseudoradikulärer Rückenschmerz genannt. Letztere Schmerzen zeichnet aus, dass sie mit Bewegung erträglicher werden und sich in Ruhe verstärken – sitzen, liegen oder stehen ist damit also kaum möglich. Radikuläre Rückenschmerzen charakterisiert, dass sich der Schmerz in der Bewegung verstärkt. Auch Husten, Lachen oder Erschütterungen führen zur Verschlimmerung des Schmerzes. Zudem werden radikuläre Rückenschmerzen manchmal auch von Lähmungserscheinungen, einem Taubheitsgefühl und Störungen der Blasenfunktion begleitet.
Lumbalgie/Lumbago
Das was der Mediziner Lumbago nennt, ist im Volksmund eher unter dem Namen Hexenschuss bekannt: Akute Schmerzen im unteren Rücken, die über die Lenden-Kreuzbeinregion strahlt. Das ist es auch, was Lumbago oder auch die Lumbalgie ausmacht: Im Gegensatz zu anderen Arten von Rückenschmerz strahlt der Schmerz hier vor allem im unteren Rückenbereich aus. Wenn der Schmerz in das Bein fortgleitet, spricht man von einer Lumboischialgie: Dann tritt der Rückenschmerz zusammen mit Schmerzen entlang des Ischiasnervs auf und zieht dann hinunter ins Bein. Eine der häufigsten Ursachen dafür: Ein Bandscheibenvorfall. Hierbei treten Teile der Bandscheibe, die eigentlich als Dämpfer zwischen den Wirbeln fungiert, in den Wirbelkanal vor. In der Folge werden Nerven eingeklemmt, im schlimmsten Fall kommt es zu Lähmungserscheinungen.
Liegt eine Lumbalgie vor, berichten Betroffene von stechenden, akuten Schmerzen im unteren Rücken, die zusammen mit einigen Verspannungen dazu führen, dass sie eine verkrümmte Zwangshaltung einnehmen. Ursprüngliche Ursache für diese Schmerzen ist hauptsächlich eine Fehlhaltung, die bei Nichtbehandlung zu einer Facettengelenkarthrose führen kann. Aber auch andere abnutzungsbedingte Veränderungen an den Wirbeln und Bändern, Missbildungen oder Entzündungen können als Ursache in Frage kommen. Ebenfalls als Ursache für eine Lumbalgie zählen jedoch auch Skeletterkrankungen wie Osteoporose, Frakturen oder Tumore. Tritt eine Lumbalgie also mehr als einmal auf, sollte man unbedingt abklären, welcher Auslöser für den Schmerzreiz verantwortlich ist.
Therapie von Rückenschmerzen
So vielfältig die Ursachen und Arten von Rückenschmerzen sind, so vielfältig sind auch die Therapieansätze. Sie richten sich in erster Linie nach der Ursache der Rückenschmerzen. Da die Schmerzen häufig nur vorübergehend auftreten, können sie in vielen Fällen mit einer symptomatischen Therapie behandelt werden: Schmerzmittel und Krankengymnastik kommen dabei ebenso zum Einsatz wie beispielsweise Massagen, Schmerzsalben, Bäder, Wärme, Fangopackungen usw.
Wussten Sie schon?
Auch ein Saunagang kann bei Rückenschmerzen wahre Wunder bewirken.
Wenn die Schmerzen auftreten, sollten sie relativ zügig behandelt werden, andernfalls nehmen Betroffene schnell eine Schonhaltung ein, die zu weiteren Schmerzen führt. Nehmen die Schmerzen zu oder vergehen sie nicht bereits nach einer Wärmeanwendung, sollte ein Arzt konsultiert werden. Im Rahmen einer Untersuchung und Anamnese wird er die Schmerzursache herausfiltern und eine entsprechende Therapie anordnen. Je nach Ursache und Schwere der Erkrankung kann es sich um eine medikamentöse Behandlung, um eine Physiotherapie oder sogar um einen operativen Eingriff handeln.
Sofern ein Eingriff (noch) nicht nötig ist, greifen viele Ärzte zu Ruhigstellung und Medikamenten: Als Schmerzmittel kommen einerseits NSAR – also Rheumamedikamente ohne Kortison, die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken – in Betracht. In akuten Fällen verabreicht der Arzt aber auch Injektionen, die den Schmerz sofort lokal lindern. Kombiniert wird eine solche Injektion mit einem Kortikoid, das allerdings nur für kurze Zeit eingenommen werden sollte. Sollten die Rückenschmerzen psychische oder psychosomatische Ursachen haben, greifen Therapeuten und Betroffene gern zu Präparaten mit Johanniskraut, das auf natürliche Weise stimmungsaufhellend wirkt.
Wussten Sie schon?
Johanniskraut ist zwar ein natürlicher Stimmungsaufheller, sollte aber trotzdem nur in Maßen genommen werden, da das Kraut schnell und stark wirkt.
Alternative Akupunktur
Seit einigen Jahren gehen immer mehr Mediziner dazu über, bei Rückenschmerzen auch Akupunktur und Moxibution einzusetzen. Für diese Therapien spricht, dass sie nachweislich schnell wirken und praktisch nebenwirkungsfrei sind. Ergänzt werden können sie entweder durch die westliche Schulmedizin, etwa Physiotherapie, oder weitere Aspekte der TCM wie Tai Chi.
Letzte Chance Operation
In besonders schweren Fällen, etwa bei einem wiederholten Bandscheibenvorfall, kommen Betroffene nicht um eine Operation herum – wobei heutzutage deutlich weniger und deutlich schonender operiert wird als noch vor einigen Jahren. Die Chirurgen operieren häufig minimalinvasiv, also nur mithilfe eines kleinen Schnitts.
Rückenschmerzen vorbeugen
Vorbeugen ist die beste Medizin, das wussten schon unsere Großeltern. Glücklicherweise ist es bei vielen Arten von Rückenschmerz durchaus möglich, dem Schmerz vorzubeugen: Eine gesunde Lebensweise, Ausgleichssport und rückengerechtes Verhalten machen’s möglich.
Eine gesunde Lebensweise bedeutet in erster Linie, möglicherweise vorhandenes Übergewicht abzubauen und sich ausreichend viel zu bewegen. Gerade wer viel im Sitzen arbeitet, sollte nach mindestens einer Ausgleichssportart Ausschau halten, damit der Stütz- und Halteapparat ausreichend trainiert und gestärkt werden und die Wirbelsäule entstaucht werden kann.
Wussten Sie schon?
Zu den rückenfreundlichen Sportarten zählen am ehesten Laufen bzw. Nordic Walking auf weichem Untergrund und Schwimmen (außer Brust- oder Delfinschwimmen).
Rückenfreundliches Verhalten am Arbeitsplatz
Rückenfreundliches Verhalten fängt schon am Arbeitsplatz an: Wer am Stuhl spart braucht sich nicht zu wundern, wenn es ihm sein Rücken nach einiger Zeit mit Schmerzen dankt. Vor allem wer den Großteil seiner Arbeitszeit am Schreibtisch verbringt sollte also in jedem Fall auf einen gut gefederten und gepolsterten Stuhl, der individuell einstellbar ist achten.
Wussten Sie schon?
Sitzbälle oder Kniehocker sind nicht so gut wie ihr Ruf: Auf Sitzbällen nimmt man schnell eine falsche Haltung ein und Kniehocker belasten die Knie im Übermaß.
Wer kann, sollte während des Arbeitsalltags aufstehen, etwas herumlaufen oder auch einige kleine Dehnübungen in seine Abläufe einbeziehen. Nutzen Sie die Wartezeit vorm Kopierer für Dehnübungen, strecken Sie sich nach der Mittagspause ausgiebig an der frischen Luft – das kurbelt ganz nebenbei auch den Kreislauf an und macht munter.
Rückenschule
Besonders gut geeignet um Rückenschmerzen zu therapieren, aber auch um ihnen vorzubeugen, ist die Rückenschule: Darunter versteht man in Allgemeinen ein Trainingsprogramm, das speziell für die Problemzone Rücken konzipiert wurde und von Fitnessstudios, Krankenkassen und Volkshochschulen gleichermaßen angeboten wird.
Tipp: Fragen Sie doch einmal gezielt bei Ihrer Krankenkasse nach, im besten Fall bietet sie eine kostenfreie Rückenschule an. In den meisten Fällen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Rückenschule je nach Kasse teilweise oder vollständig.
In der sogenannten präventiven Rückenschule lernen die Teilnehmer (neu), wie sich große Rückenbelastungen im Alltag vermeiden lassen und wie sie ihren Rücken entlasten und pflegen können. Den meisten Menschen ist überhaupt nicht mehr bewusst, dass ihre Verhaltensweisen es sind, die Rückenschmerzen zumindest fördern, angefangen von einseitiger Belastung bis hin zu zu langem Sitzen. Neben einer Verhaltensschulung beinhaltet das Programm einer guten Rückenschule aber auch Übungen, die gezielt dem Muskelaufbau dienen sowie Entspannungsübungen, die Entlastung bringen können. Auf diese Weise ist es möglich, einerseits eine zusätzlich stützende Muskulatur aufzubauen bzw. zu stärken und andererseits gezielt Anspannungen abzubauen, die sonst zu Verspannungen und Rückenschmerzen geführt hätten.
Kurzprogramm für zu Hause
Einige Übungen aus der Rückenschule lassen sich auch ganz leicht zu Hause und in kurzer Zeit durchführen. Sinnvoll sind dabei im Prinzip alle Übungen, bei denen Bauch-, Po-, Oberschenkel- und Rückenmuskulatur trainiert werden. Situps, Popressen, Oberschenkeldehnungen oder das Luftsitzen, bei dem man sich auf einen unsichtbaren Stuhl setzt, sind beispielsweise gut geeignete Übungen. Aber Achtung: Keine der Übungen sollte ruckartig oder zu schnell durchgeführt werden, da sonst die Wirbelsäule Schaden nehmen kann. Lassen Sie sich also am besten in einer Rückenschule noch einmal vorführen, wie die Übungen richtig durchgeführt werden. Ebenfalls sehr empfehlenswert ist die Rückenmobilisierung, die kleinere Blockaden lösen und die Wirbelsäule beweglich halten kann: Aus der Rückenlage heraus werden die aufgestellten Beine mit geschlossenen Knien langsam nach links bzw. rechts gedreht bis sie den Boden berühren. Der Oberkörper bleibt dabei gerade auf dem Rücken liegen.